Die ersten Tage daheim genossen wir dann und freuten uns, wieder etwas Alltag in unserem Leben zu haben. Auch Julian hat es sichtlich gut getan, er fühlte sich auch von Tag zu Tag besser. Natürlich war in unserem Hinterkopf immer etwas die Angst da, dass wieder ein Anfall kommen könnte, aber im großen und ganzen waren wir doch sehr glücklich wieder in den eigenen vier Wänden zu sein. In diesen Tagen versuchten wir wieder etwas Familienleben zu bekommen und alles zu vergessen – was natürlich nicht ganz möglich war, da wir ja immer noch auf den Befund der Histologie warteten. Trotzdem stand in dieser Zeit mal wieder die Besuche bei der ganzen Verwandtschaft an und so vergingen die Tage.
Am darauffolgenden Montag kam dann der langersehnte Anruf aus der Klinik in Innsbruck und die Oberärztin bat uns, in den kommenden Tagen zu einem Gespräch nach Tirol zu kommen. Ich wollte aber schon am Telefon das Ergebnis des Befundes wissen und die Ärztin teilte mir mit, dass es sich um einen bösartigen Tumor gehandelt hat. Mehr wollte sie mir zu diesem Zeitpunkt auch nicht sagen und ich war auch gerade etwas niedergeschmettert, dass ich nicht lange nachfragte. Ich rief darauf hin gleich mal meine Partnerin Jasmine an und teilte ihr den Befund mit – auch sie war zu diesem Zeitpunkt sprachlos. Na gut bösartige Tumore lassen sich auch wieder unterteilen und so machten wir uns Mut damit, dass dieses Ding in Julians Kopf zwar böse ist, aber gut zu heilen. Wir versuchten das ganze wiedermal positiv zu sehen.
Es war dann Mittwoch der 16. April – also knapp zwei Wochen nach der Operation – als wir uns wieder nach Innsbruck machten. Unser Weg führte uns dann direkt in die Klinik und wurden auf der Station gleich wieder herzlichst begrüßt. Nach einiger Zeit folgten mit einer Blutabnahme die erste Untersuchung – doch dann hieß es wieder warten.... Der Sozialarbeiter der Station holte Julian dann zum Zeitvertreib etwas zum Tischfußball spielen, während wir noch ungeduldig weiter warteten. Am frühen Nachmittag dann aber endlich der Termin mit der Oberärztin, sowie weiteren Mitarbeitern der Station.
Zuerst gingen nur ich und meine Partnerin mit den Ärzten in einen Raum – Julian spielte derweilen weiter mit dem Sozialarbeiter der Station. Die Oberärztin erklärte uns dann, dass es sich bei dem entfernten Hirntumor von Julian um ein sogenanntes Glioblastom handelte und dies ein sehr bösartiger und aggressiver Tumor ist. Die Ärzte erklärten uns in weiterer Folge noch alles zu diesem „Ding“, doch dann stand schon die nächste MRT Untersuchung auf dem Programm. Schnell eilten wir mit Julian ins nächste Gebäude und verschoben das Gespräch mit den Ärzten derweilen auf später. In der Zeit als Julian dann in der MRT Röhre lag, gingen ich und meine Partnerin noch etwas im Klinikgelände spazieren – konnten aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich realisieren, welchen Befund wir vor kurzem erhalten haben. Nur kurzzeitig kam mir immer wieder Gedanke, war das jetzt das Todesurteil für meinen Sohn. Aber es fiel einfach schwer hier klaren Kopf und normale Gedanken zu finden. Nach der MRT Untersuchung gingen wir wieder zurück auf die Kinderstation, wo die Ärzte warteten um das Gespräch, dieses Mal mit Julian fortzuführen. Nochmals erklärte die Oberärztin den Befund und nun auch die weitere geplante Therapie mit Bestrahlung und Chemotherapie. Julian nahm dies alles sehr gefasst auf, klar er wusste noch nicht ganz genau, dass dieses Ding in seinem Kopf extrem gefährlich ist – aber das war auch gut so und dies sollte er auch nicht wissen. Nachdem dann alles soweit geklärt war konnten wir endlich die Klinik wieder verlassen. Was wir aber wirklich an diesem Tag so gehört haben, war uns glaub ich immer noch nicht klar. Wir fuhren noch kurz in die Innenstadt um einige Besorgungen zu machen und dann auf dem schnellsten Weg wieder zurück nach Hause.
Zuhause angekommen war auch mal erst die Luft raus. Mit der Zeit informierten wir uns dann aber übers Internet auch selber über diesen Glioblastom und was wir dann immer wieder zu lesen bekamen, machte uns nur noch mehr fertig. Oftmals saß ich vor dem Computer und lass mir die Berichte über diesen Tumor – meist endete dies dann aber, dass ich vor lauter Tränen in den Augen nicht mehr lesen konnte. Natürlich sucht man sich auch die positiven Aspekte dazu und versucht sich damit wieder aufzubauen, aber dies war, gerade am Anfang sehr schwer.
Wir haben dann auch Kontakt mit dem Chef der Kinderabteilung des Krankenhaus Dornbirn aufgenommen, der in Vorarlberg als Spezialist in diesem Bereich gilt. Gemeinsam haben wir dann die weitere Therapie geplant, welche eine Chemotherapie und Bestrahlung vorsah. Bevor diese beiden Therapien begannen, starteten wir noch alle gemeinsam einen Tagesausflug nach München und besichtigten dort die Heimstätte des FC Bayern München, die Allianz Arena. Da beide Kids und auch ich große Bayern Fans sind, natürlich ein tolles Ereignis.
Am 28. April musste Julian dann ins KH Dornbirn, wo die Chemo startete und die Ärzte in den ersten Tagen den Zustand beobachten wollten. Gleichzeitig startete am Landeskrankenhaus Feldkirch auch die Bestrahlung. Nach zwei Tagen im Krankenhaus durfte Julian auch schon wieder nach Hause und musste nur noch jeden Morgen nach Feldkirch zur Bestrahlung. Alles verlief sehr gut und auch Nebenwirkungen von dieser Therapie waren keine aufgetreten. Am 22. Juli ging es dann noch zu einer MRT Untersuchung nach Innsbruck, die ebenfalls keine Veränderungen zeigte. Und so ging es dann über den Brenner weiter nach Italien und Julian (und auch Daniel) erlebten erstmals einen Urlaub am Meer. In Riccione konnten wir wunderschöne, erholsame und vor allem beschwerdefreie Tage erleben.
Auch nach unserer Rückkehr nach Österreich war alles wunderbar und wir machten noch einige Ausflüge und Wanderungen. Julian konnte auch seine Sportaktivitäten wieder beginnen und war Anfang Oktober wieder beim Eistraining seiner Mannschaft dabei. Es war eigentlich alles wunderbar....