Der Tag an dem ER in unser Leben kam

Die Geschichte beginnt ganz normal und hat nichts außergewöhnliches. Es war Donnerstag, der 13. März. Wie jeden Morgen war unser jüngster Sohn Daniel (4) als erster munter und ging wie gewöhnlich selbstständig ins Wohnzimmer, wo er seine Kindersendungen im Fernseher anschaute. Kurze Zeit später kam auch unser Großer Julian (10) aus seinem Zimmer im oberen Stock ins Wohnzimmer und gesellte sich zu seinem kleinen Bruder. Auch wir Eltern rafften uns anschließend auf und starteten in den neuen Tag. Nachdem alltäglichen Morgenritual ging Julian zeitig in die Schule und kurz darauf brachte ich auch Daniel in den Kindergarten. Meine Partnerin ging auch zur Arbeit und da ich meine Arbeit von zuhause machen kann, ging ich anschließend auch in mein Büro und erledigte meine Sachen. Kurz vor Mittag bereitete ich noch das Mittagessen vor – es gab eines der Lieblingsgerichte der Kinder – Wurstnudeln und dann kam auch schon der Große von der Schule nach Hause. Ich holte noch Daniel vom Kindergarten und wir begaben uns an den Mittagstisch. So weit alles wie an jedem anderen Tag auch.

 

In der Folge machte ich noch das Mittagsgeschirr und da merkte ich schon, dass Julian etwas müde und niedergeschlagen ist – machte mir hier aber noch keine großen Gedanken. Ich ging mit Daniel wie jeden Mittag ins Bett um das gemütliche Schläfchen zu absolvieren, während Julian im Wohnzimmer noch Fernseher schaute. Wir hatten nicht viel Zeit zum rasten, da der Kleine am Nachmittag einen Termin beim Kinderarzt hatte. Als wir uns zum gehen fertig machten, merkte ich erneut, dass Julian total komisch war. Es war so, als ob er uns was zu verheimlichen hatte. Ich fragte ihn mehrmals was los ist, bekam aber nur kurze die Antwort – „nichts.“ Sonst waren aber keine Anzeichen für etwas da und so ging ich mit Daniel zum Arzt. Dort ging alles ganz routinemäßig und anschließend fuhren wir noch zu meiner Mutter auf einen schnellen Kaffee. In mir drinnen, war aber jetzt plötzlich das Gefühl, dass ich nach Hause muss. So fuhren wir anschließend nach Hause, wo meine Partnerin mir mitteilte, dass Julian im Bett am schlafen ist. Ok, dachte ich und begab mich auch in den oberen Stock unserer Wohnung, wo neben meinem Büro auch das Kinderzimmer ist. Ich setzte mich an den Schreibtisch und wollte gerade die Emails abrufen, als ich aus dem Zimmer von Julian komische Geräusche hörte. Ich eilte sofort zu ihm und sah nur wie es ihn würgte und er brechen musste.

 

Ein Bild was ich nie vergessen werde

 

Im ersten Moment dachte ich nur, es ist ihm schlecht und er muss sich deshalb übergeben. Ich ging zu ihm und wollte ihn darauf ansprechen, merkte dann aber schnell, dass er nicht mehr auf mich reagierte. Er hatte die Augen zwar offen, sein Blick ging aber nur an mir vorbei auf die Decke des Zimmers und sein Kopf zuckte ganz leicht nach oben. Diesen Blick habe ich heute noch vor meinen Augen, als ob es erst passiert ist. Ich wollte nur noch Julian so schnell wie möglich zu einem Arzt bringen und rief der Mutter der Kinder in den unteren Stock, sie solle mir ein frisches T-Shirt und eine Hose bringen. Ich blieb derweilen bei Julian, welcher aber weiterhin nicht ansprechbar war und auch nicht auf mich und meine Aufforderungen reagierte. Da wurde uns dann schnell klar, hier ist was schlimmeres passiert und ich eilte schnell in mein Büro um das Handy zu holen. Der nette Mann von der Rettungs- und Feuerwehrleitstelle fragte mich noch, ob ein Rettungswagen genügt oder ob er einen Notarzt mitschicken solle. Durch meine Tätigkeit beim Roten Kreuz sah ich zwar, dass hier keine Lebensgefahr besteht, bat aber trotzdem, wenn verfügbar, einen Notarztwagen zu schicken. Ich ging wieder zu Julian ins Zimmer und setzte mich zu ihm auf sein Bett. Wie gelernt, redete ich mit ihm und hielt ihn auch die ganze Zeit fest. Innerhalb von nur kürzester Zeit war auch schon das Notarztteam bei uns und ich machte Platz, damit sie ihrer Arbeit nachgehen können. Der Notarzt verabreichte Julian dann umgehend die nötigen Medikamente, aber am Zustand änderte sich nichts und er blieb weiterhin, zwar bei vollem Bewusstsein, aber reagierte nicht auf die Außenwelt. Nach einer Erstversorgung brachten die Sanitäter unseren Sohn in den Notarztwagen und mit Blaulicht und Sirene ging es schnellstmöglich ins Landeskrankenhaus nach Feldkirch. Dort angekommen, dann der nächste Schreck – vor der Notfallaufnahme noch im Notarztwagen bekam Julian plötzlich einen starken Krampfanfall. Der Notarzt hatte dies aber schnell im Griff und so ging es dann schnell in den Schockraum.

 

Banges Warten und Hoffen

 

Ich musste dann alleine vor dem Schockraum warten. Meine Partnerin musste sich ja noch zuerst um unseren kleinen Sohn kümmern. Sie brachte ihn noch zu meiner Mutter und fuhr dann auch auf schnellstem Wege nach Feldkirch. Derweilen stand ich alleine vor dem Schockraum und alle möglichen Gedanken gingen mir durch den Kopf. Auf einmal kam der Notarzt heraus und teilte mir mit, dass Julian stabil ist und man ihn zu einer CT Untersuchung in den unteren Stock bringen würde. Auf die Frage, was er haben könne, konnte er mir leider keine genauen Antwort geben – nur einige vage Vermutungen. Und so ging die Warterei weiter – Julian wurde derweilen in den unteren Stock gebracht und ich wartete weiter. Plötzlich kam eine Krankenschwester auf mich zu und übergab mir einen Sack mit den Kleidern von meinem Sohn. Dies war für mich ein großer Schreck, denn nun wartete ich darauf, dass sie sagt, es tut mir leid. Aber die Schwester ging dann wieder in ihr Zimmer und ich stand wieder alleine mit dem Kleidersack im Flur der Notaufnahme. Nachdem ich mich etwas gesammelt hatte und nachdachte, wurde mir klar, dass man Julian die Kleider für die Untersuchungen ausgezogen hatte. Trotzdem war ich noch total angespannt und voller Ängste. Nach einiger Zeit kam dann ein Arzt zu mir und berichtete von den Ergebnissen der ersten Untersuchung. Er bestätigte, dass man im Gehirn unseres Sohnes etwas gesehen hat, man aber noch nicht genau sagen kann was. Ein Hirntumor schlossen die Ärzte zu diesem Zeitpunkt aufgrund der erste Untersuchungsbilder aber aus. In diesem Augenblick kam dann auch meine Partnerin und der Arzt erklärte auch ihr nochmals die ersten Ergebnisse, bevor er uns mitteilte, dass unser Sohn nun erstmals auf die Kinder Intensivstation verlegt werde.

 

Wir machten uns dann quer durch das ganze Krankenhaus auf den Weg in die Kinderabteilung um bei unserem Kind zu sein. Nach kurzem Warten vor der Intensivstation konnten wir dann zu ihm und da kam dann erstmals große Erleichterung auf, als er bei vollem Bewusstsein im Bett lag. Zwar war er noch an sämtlichen Überwachungskäbeln angeschlossen, doch es wirkte alles ganz normal und es konnten auch schon wieder erste kleine Witzchen gemacht werden. In der Zwischenzeit waren auch meine Eltern im Krankenhaus angekommen – unser Kleiner war derweilen bei der Gota – und warteten ganz verzweifelt vor der Intensivstation. Wir konnten ihnen dann aber erstmals Entwarnung geben und auch sie durften anschließend noch zu Julian ins Zimmer. Alle waren wir danach etwas erleichtert, aber gleichzeitig auch verängstigt, da wir nicht wussten, was nun wirklich los ist. Die Untersuchungen in den folgenden Tagen sollen mehr Gewissheit bringen, wurde uns mitgeteilt. So verließen wir dann am späten Abend das Krankenhaus, damit Julian weiter zur Ruhe kommen kann und auch wir die Geschehnisse etwas verarbeiten können. Unser Sohn wurde über Nacht zur Kontrolle noch an einem EKG Gerät angeschlossen.